
„Wie geht es eigentlich dem Tourismus? Du bist doch im Tourismus- Ausschuss.“ – Ja, bin ich, und mit dem Tourismus habe ich mich in den letzten 5 Jahren – für meine Verhältnisse – ganz schön viel befasst.
Dieser Ausschuss ist ein Gremium der StädteRegion, CDU und Grüne haben darin die Mehrheit. Aber dort überlegen alle gemeinsam (also auch die Vertreter*innen von SPD, FDP, Die Linke und ich als Piratin), wie der Tourismus im Norden und im Süden der StädteRegion am wirkungsvollsten gefördert werden kann? Zum Beispiel mit bedeutenden Kunstausstellungen in Monschau, mit Technik-Ausstellungen im Alsdorfer Energetikon und natürlich ganz besonders mit Naturerlebnissen im Nationalpark und entlang der Rur zum Beispiel.
Am 27. Mai war das, als im Ausschuss unter Punkt 7 auf der Tagesordnung stand: „Touristische Entwicklung und Aktivitäten in der Corona Krise“.
Ja, gute Nacht zusammen, da sah man nämlich die schöne Eifeler Tourismusbranche im freien Fall nach unten.
Seit Mitte März hatte es die Welt mit einer galoppierenden Pandemie zu tun. Lockdown. Shutdown. Stillstand. Umsatzeinbußen von 50 Prozent und mehr wurden für die Tourismusbranche 2020 vorausgesagt. Ältere Menschen – eine Bevölkerungsgruppe, die gern wandert und Radtouren unternimmt – schlossen sich quasi zu Hause ein.
Es gab keine Reisen mehr, keine Veranstaltungen, Hotels machten alle zu, Gaststätten und Cafés ebenfalls. Gastgewerbe und Reisebranche blickten in Abgründe. Eine Welle von Insolvenzen würde auf uns zukommen, hieß es. In der Eifel wurden reihenweise Pauschalbuchungen und Führungen storniert. Von diesem Niedergang werde sich die Branche so schnell nicht mehr erholen, vermuteten Politiker.
Ob zur Narzissenblüte oder dem Frühling am Rursee: „Stay at home“ lautete die Devise und das taten die Menschen auch, registrierten dabei mit Grausen die schrecklichen Zustände im Ausland.
Als auch noch die Schulen geschlossen wurden, gab es bald nur sehr wenige Neuerkrankungen, kaum noch Tote. Man war erleichtert. – Der Sommer brachte prompt „Lockerungen“.
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Jetzt ist der Neustart in vollem Gange. Der Wind hat sich gedreht, es geht von einem Extrem ins andere. In einer Woche sind Herbstferien.
Seit August etwa haben auch jüngere Zeitgenossen und Familien mit kleinen Kindern die Eifel als Naherholungsgebiet entdeckt. Menschen setzen sich in Wohnwagen oder machen erstmals im Leben Urlaub im Zelt. Parkplätze müssen wegen Überfüllung geschlossen werden. Gruppen wandern durch Teile des Nationalpark Eifel querfeldein, Picknickplätze findet man in Naturschutzgebieten. Alles total verboten.
Fast scheint es, als müsste der Nationalpark wegen Überfüllung geschlossen werden. https://www.nationalpark-eifel.de/de/nationalpark-erleben/aktuelle-informationen-der-nationalparkverwaltung/
Dort wurden 50 Prozent mehr Gäste registriert als im Jahr zuvor, ist in der Rheinischen Post zu lesen. Das Touristen-Aufkommen in der Eifel ist jetzt gewaltig, Naturschützer fordern schon hohe Strafen und Bußgelder für alle, die sich nicht an die Regeln halten und die Natur nicht schonen.
Dazu ein RP-Audio-Artikel:
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Doch zugleich wird eine altbekannte Entwicklung stets bedrohlicher für den Tourismus. Zum Wandern und Radfahren gehört die (gemeinsame) Einkehr. Immer öfter hört man aber von Touristen, dass sie in den Eifeldörfern keine Gaststätten mehr vorfinden.
Diese mussten geschlossen werden – aus Mangel an Personal. Fachkräfte und Auszubildende wollen offenbar lieber in den Städten leben und arbeiten. Oder der Eigentümer hat das Rentenalter erreicht, hat aus Altersgründen den Zapfhahn hochgedreht und fand keine Nachfolger. Oder die Gaststätte/Pension war noch offen, aber es wurde schon viele Jahre nicht mehr in ein ansprechendes Outfit investiert. Die Touristen fanden in Nähe der Rad- und Wanderwege keine qualitativ hochwertigen Einkehrmöglichkeiten.
Schon im August war diese Entwicklung Gegenstand der Diskussion im Fachausschuss. Und es wurde beschlossen, dass sich die Verwaltung der StädteRegion intensiv damit beschäftigen soll. Hier wird unter „Sachlage“ die Situation ganz gut geschildert.
Anhand dieser Analyse will man herausfinden, was angesichts der besonderen Lage eigentlich zu tun ist? Denn was nützen die schönsten Rad- und Wanderwege, wenn Touristen fernbleiben weil sie unterwegs nicht mal ein kühles Getränk zu sich nehmen können? Oder nicht in einer Pension übernachten können, die ihren Ansprüchen entspricht?
Wie bekommt man Personal in die touristisch attraktiven, abgelegenen Dörfer? Wie überzeugt/lockt man Investoren? Der Ausschuss wird sich mit diesen und ähnlichen Fragen in den kommenden Jahren befassen. Ob ich allerdings (wegen des schlechten Abschneidens der Piratenpartei bei der Kommunalwahl) noch dabei sein werde, muss jetzt abgewartet werden.