Das Neue Kurhaus ist erst knapp über 100 Jahre alt, und es heißt NEUES Kurhaus, weil Aachen noch ein viel älteres Kurhaus hat, das Alte Kurhaus (Komhausbadstraße). Im Neuen Kurhaus in der Monheimsallee wurde wie verrückt gefeiert, es befand sich dort aber zuletzt viele Jahre lang Aachens berühmtes Spielkasino, teuerste Disco und schönstes Sterne-Restaurant. Mit dem Gebäude verbinden viele Menschen ungeheuer viele Erinnerungen. Sie haben Angst, dass mit dem Kurhaus ihre Erinnerungen und ihr halbes Leben verschwinden würde.
Deshalb muss der alte Kasten saniert werden. Für Aachener Verhältnisse ungeheuer zügig wurden auch schon 50 Millionen Euro abgezweigt, in (für Aachener Verhältnisse) Windeseile wurde bereits ein Bauzaun aufgestellt. Zum Vergleich: Für ein halbes, neues Verkehrskonzept, also nur für das halbe Konzept, nicht die Umsetzung, braucht man hier 5 (in Worten: fünf) Jahre. Für die Aufstellung von 15.000 Fahrradständern braucht man voraussichtlich 100 Jahre. Kein Witz.


Der neue Bauzaun ist 350 Meter lang und 2,50 Meter hoch. „Es ist nicht irgendein Bauzaun, den das Gebäudemanagement der Stadt Aachen in diesen Tagen von einer Fachfirma an der Monheimsallee errichten lässt,“ schreibt die Pressestelle der Stadt. Und: Bis zum Abschluss der Arbeiten am Gebäude (geplant 2023) werde der Zaun dort stehen bleiben und später noch mit Plakaten behängt.
Direkter Nachbar vom Kurhaus ist das Eurogress, und das soll von den umfangreichen Umbauarbeiten so wenig wie möglich mitbekommen. Auch große Veranstaltungen wie die Kurpark Classix könnten trotz der Baumaßnahme wie gewohnt im angrenzenden Kurpark – openair – über die Bühne gehen.
So werden in Kürze die ersten Handwerker im Gebäude loslegen. Zunächst ist die Entkernung des Bauwerks vorgesehen. Doch was nach der Fertigstellung anstellen mit dem alten Kasten, der auf dem Immobilienmarkt oft angeboten aber von niemand gekauft oder auch nur gemietet und bespielt werden wollte?
Gemäß der Mehrheits-Entscheidung des Rates der Stadt Aachen (Grüne und Piraten dagegen) soll das Neue Kurhaus künftig vor allem durch das Eurogress genutzt werden, das seine Kapazitäten und Möglichkeiten für Kongresse und Veranstaltungen „auf diese Weise signifikant erweitern kann“. Und weiter heißt es: „Neben der Schwerpunkt-Nutzung durch das Eurogress im kompletten Erdgeschoss und in größeren Teilen des ersten Geschosses ist darin auch die Vermietung an externe Gewerbetreibende auf der ersten Etage vorgesehen.“
Man hätte auch noch warten können mit der Sanierung – auf einen neuen Mieter/Pächter/Käufer, dem man das Prunkstück unter vorher definierten Bedingungen hätte anvertrauen können. Dann hätte man die 50 Millionen Euro für Wohnungsbau/Fahrradwegebau/Infrastruktur usw. verwenden können. Aber nein.
Piraten und Grüne im Stadtrat hätten diesen Weg bevorzugt. Daraus wurde dank CDU/SPD-Mehrheit nichts. Das Kurhaus soll übrigens Ende 2023 fertig saniert sein. Aber das kann man ja bei solchen Bauwerken nie genau vorhersagen.


Hier soll nicht verschwiegen werden, was Marc Teuku, Mitglied der Fraktion der Piraten im Rat der Stadt, in seiner Haushaltsrede sagte. Wahre Worte.
„Worüber bei dem Thema Neues Kurhaus viel zu wenig gesprochen wird, sind die jährlichen Unterhaltskosten von 2,5 Mio, die wir uns gönnen. Die Hälfte fließt dabei aus dem städtischen Haushalt, die andere Hälfte geht auf den Deckel vom Eurogress. De facto ist das Projekt Neues Kurhaus nichts anderes als ein Konjunkturprogramm für Hotelketten, die ihre Gewerbesteuer eh nicht in Aachen zahlen.“
