Ist das Gedenken heute im Aachener Dom insgeheim eine Wahlkampf-Veranstaltung für Armin Laschet und die CDU? Das werden wir nie erfahren. Noch nicht mal, ob Wahlkämpfe generell überhaupt etwas bringen. – Wer am 26 August 2021 vorhatte, die Grünen zu wählen, wird der – vom Wahlkampf beeindruckt – am 26. September z. B. die CDU oder Die Linke wählen?
Was man weiß ist, dass Wahlkämpfe eine Tradition sind, dass sie anstrengend sind und teuer (2017 gaben CDU und SPD zusammen 40 Millionen Euro aus). Plakate und Slogans werden entworfen, Großveranstaltungen finden statt, und unter Sonnenschirmen mit Parteilogo werden Passanten angesprochen. Es ist ein Riesenrummel, der über die 60 Millionen Wähler*innen hereinbricht. Die eigene Anhängerschaft muss mobilisiert und Unentschlossene müssen überzeugt werden.
Wahlkampf ist keine gute Zeit für Journalismus, es wird berichtet wie über ein Pferderennen, bei dem mal die einen vorne liegen und mal andere überholen/zulegen/aufholen beim „Kopf-an-Kopf-Rennen“ (Horse-Race-Journalismus). Das von Journalisten verwendete Vokabular ist der Sportberichterstattung entlehnt. Umfrage-Ergebnisse zur Sonntagsfrage werden überschätzt, mit ihnen wird Einfluss genommen, und am Ende liegen sie komplett daneben.
Das Allerschlimmste aber ist, dass die Kandidatinnen und Kandidaten ständig persönlichen Angriffen und Beleidigungen ausgesetzt sind. Sogar auf Plakaten im öffentlichen Raum. Schwer verbal geprügelt werden die Grünen. Armin Laschet wird attackiert, SPD, FDP desgleichen. Hier einige Beispiele von Negativ Campaigning:

Den Grünen wird von angeblich der AfD nahestehenden Personen – mehr oder weniger aus der Anonymität heraus – alles unterstellt, was es an Schrecklichem auf dieser Welt gibt. Ein krasses Sammelsurium von Gemeinheiten, Fehlentwicklungen, Katastrophen.
Sagenhaft, eine Partei, die so viel Unheil in die Welt bringen kann . . . das wußten wir nicht, dass das überhaupt möglich ist. Wir fanden unter anderem: Masseneinwanderung, Asylbetrug, Kriminalität, Wohlstandsvernichtung, Klimasozialismus, Ökoterror, Arbeitslosigkeit. Zudem sind die Grünen totalitär, sozialistisch, heimatfeindlich usw.

Armin Laschet (CDU) wird ebenfalls diffamiert. Er ist auf der Darstellung süchtig danach, Bäume zu verbrennen, unterstützt von RWE. Laschet ist – soweit wir wissen – erst seit vier Jahren Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Die Verfeuerung von Braunkohle haben maßgeblich SPD und Grüne in den 20 Jahren zuvor beschlossen und vorangetrieben.
Es ist möglich, dass sich Laschet nach der Unwetterkatastrophe tatsächlich mehr für die Verhinderung einer Klimakatastrophe einsetzen wird, als zuvor. Laschet ist auch kein aalglatter Typ, der z. B. immer irgendwelche Worte, die niemand beachtet, findet. So einen aalglatten Dude scheinen sich viele massiv herbeizusehnen. Wie sonderbar.

Manchmal sogar ziemlich humorvoll: Die Umformulierung von Slogans durch Austausch eines einzigen Buchstabens ins Gegenteil. Kanzlerkandidat Scholz ist im Frankenberger Viertel von Umgestaltungen dieser Art heftig betroffen.

More to come.
Und übrigens Vorsicht bei der Nutzung des Wahl-O-Mat. Der setzt nur bei den blanken Aussagen der Parteien an, die sagen vor Wahlen viel und machen danach was ganz anderes. Der Wahl-O-Mat enthält: „Was sagt ihr, was ihr machen wollt?“ Und nur das könnt ihr auch abgleichen mit euren eigenen Vorstellungen. Der Wahl-O-Mat setzt nicht an am tatsächlichen Abstimmungsverhalten im Bundestag.