Europa: Pirat gegen Massenüberwachung, für den Schutz der Privatsphäre

Der Katschhof bildet mit seiner Pflasterung, mit dem Dom an der einen und dem Rathaus an der anderen Seite ein Ensemble. Er markiert Aachen als Europastadt, in der der bedeutendste europäische Preis (Karlspreis) verliehen wird. Rechts: das Gebäude der Domsingschule. Foto: Henning Brinkmann

Der französische Staatsgerichtshof hat heute die 12-monatige Vorratsspeicherung von Informationen über die Kontakte und Bewegungen der kompletten Bevölkerung aufrecht erhalten, da eine „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ vorliege. Es liege ein erhöhtes Risiko von Terroranschlägen und ausländischer Spionage vor. Der Gerichtshof erlaubte außerdem, die Vorratsdaten weiter für allgemeine Strafverfolgungszwecke zu verwenden.

Der Europaparlamentarier und Bürgerrechtler Patrick Breyer (Piratenpartei) kritisiert das Urteil scharf. Er teilt mit:

Das pauschale Sammeln von Metadaten aller Menschen macht uns im Grunde genommen nackt im System und verstößt fundamental gegen EU-Grundrechte. Das wahllose Sammeln von sensiblen Informationen über soziale Kontakte (auch Geschäftskontakte), Bewegungen und das Privatleben (z.B. Kontakte zu Ärzt*innen, Anwält*innen, Betriebsrät*innen, Psycholog*innen, Beratungsstellen etc.) von Millionen unverdächtiger Bürger*innen ist
eine radikale Maßnahme der Massenüberwachung.

Nur in Ausnahmesituationen, wie z.B. bei einem drohenden Terroranschlag, hat der Europäische Gerichtshof eine pauschale Vorratsdatenspeicherung vorübergehend erlaubt, aber das französische Urteil macht sie zur Regel und zum Dauerzustand. Dies pervertiert die EU-Rechtsprechung zum Schutz unserer Grundrechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit.

Ich rufe unsere französischen Freunde auf, diese Entscheidung und den darin zum Ausdruck kommenden französischen Exzeptionalismus anzufechten. Eine pauschale Vorratsdatenspeicherung schafft untragbare Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere privaten und geschäftlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen.

Lassen Sie uns dafür sorgen, dass Freiheit herrscht und nicht Generalverdacht
und Angst!“

***

Hier eine Meldung aus dem Berliner „TAGESSPIEGEL“-Redaktion. Klar wird, dass die einmal erhobenen Daten fleißig missbraucht werden. Sogar von Polizeibeamten.

Die Sanktionsstelle der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit haben 2020 insgesamt 47 Bußgelder in Höhe von insgesamt 77.250 Euro festgesetzt. Daneben seien 38 Zwangsgeldbescheide erlassen worden; in fünf Fällen sei ein Strafantrag gestellt worden.

Ein Großteil der Verfahren (33), so berichtet der Tagesspiegel, hätten sich gegen Polizeibeamt*innen gerichtet, die unbefugt „personenbezogene Daten Dritter aus der polizeiinternen Datenbank POLIKS“ abgerufen hätten. In einem Fall habe eine Polizistin POLIKS genutzt, um die Ex-Freundinnen des neuen Lebensgefährten ausfindig zu machen und zu Gesprächen aufzusuchen.

In einem anderen Fall hätte ein Polizist die Daten sämtlicher Nachbar*innen aus dem eigenen Mehrfamilienhaus abgefragt, um sie später in nachbarschaftlichen Streitigkeiten auszuspielen.

Ein Polizist habe POLIKS als Suchmaschine für die Kontaktdaten eines Kartenspielverkäufers genutzt, nachdem er die richtige Telefonnummer über „Google“ nicht gefunden hätte.

Quellen: https://checkpoint.tagesspiegel.de/langmeldung/2o5fmD9Qc2KYESezlggmIs

und hier: https://www.morgenpost.de/berlin/article231988439/Polizisten-missbrauchen-Datenbank-fuer-private-Zwecke.html

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