Doch kein Bedarf für eine zusätzliche Gesamtschule in Aachen?

Jahrelang hatte es in Aachen geheißen: Wir haben zu wenig Gesamtschulplätze. Mal bekamen fast 200 Kinder keinen Platz in ihrer Wunsch-Gesamtschule, mal waren es 100, die abgewiesen werden mussten. Was für eine missliche Situation! 

Gesamtschulen sind und waren beliebt, besonders bei den Eltern von Kindern, bei denen nach dem 4. Schuljahr noch nicht klar ist, wo eigentlich die Stärken des Kindes liegen: mehr im intellektuellen Bereich oder eher im handwerklichen, mehr im mathematisch/naturwissenschaftlichen oder im sprachlichen Bereich oder alles zusammen oder wie oder was.

Die Politik raufte sich die Haare und überlegte über Jahre, welche Gesamtschule erweitert werden könnte und ob nicht gleich der Neubau einer 5. Gesamtschule erfolgen müsse. 
Doch plötzlich ist alles anders. Aachen braucht gar keine zusätzliche Gesamtschule und muss noch nicht mal eine bestehende Gesamtschule erweitern.

Hää? Wie kommen Sie denn jetzt da drauf, möchte man die zuständigen Leute in der Stadtverwaltung fragen. Man reibt sich die Augen und blickt verstört in die Vorlage zur nächsten Schulausschusssitzung, wo unter dem Punkt „Gesamtschulsituation in der Stadt Aachen“ die Sensation verkündet wird. 

Eine detaillierte  Aufbereitung der Datenlage“ habe die neuen Erkenntnisse erbracht, so wird mitgeteilt. Die Anmeldezahlen seien seit 2010 rückläufig und würden noch immer weiter sinken. Und: Zum Schuljahr 2009/2010 seien insgesamt 227 Schülerinnen und Schüler nicht an ihrer „Wunsch-Gesamtschule“ aufgenommen worden, zum Schuljahr 2021/2022 hätte die Zahl nur noch bei 110 gelegen. 

In früheren Jahren seien außerdem viel mehr Kinder von außerhalb Aachen (Eifel, Herzogenrath usw.) auf Aachener Gesamtschulen angemeldet worden. Die Städte Herzogenrath, Stolberg, Würselen hätten sich aber längst eigene Gesamtschulen gebaut, die Kinder brauchten die Aachener Schulen nicht mehr. 

Es habe sich außerdem gezeigt, dass die Zahl der Kinder, die in Aachener Randbereichen wohnen und eine Gesamtschule außerhalb Aachens, z. B. in Stolberg, Herzogenrath oder Würselen besuchen, zugenommen hat. Insgesamt würden generell die Anmeldezahlen an allen weiterführenden Schulen in Aachen sinken. Und die der Kinder, die nach 2 oder 3 Jahren von einem Gymnasium zu einer Gesamtschule wechseln auch. 

Ob die Verwaltung vergessen hat, dass bald alle Kinder statt 8 wieder 9 Jahre zum Gymnasium gehen und dann diese Schulen aus allen Nähten platzen? Dass der Gesamtschule Laurensberg die Schließung bevorsteht, dass die Schule Kronenberg wegen maroder Bausubstanz nicht für den Umbau in eine Gesamtschule geeignet ist? Warum ignoriert die Verwaltung, dass es in absehbarer Zeit auf einen OGS-Platz einen Rechtsanspruch gibt? Warum werden nicht schon jetzt räumliche Szenarien entwickelt wie all der Platz für die vielen OGSen geschaffen werden kann? – Man weiß es nicht. 

Die Politiker*innen hatten unter anderem fest vor, die 4. Gesamtschule um 4 Klassenzüge zu erweitern. Die dortigen Lehrer*innen haben diesbezüglich schon viel Vorarbeit geleistet. Jetzt heißt es womöglich: Kommando zurück. 

Ein insgesamt doch etwas rätselhafter Vorgang. Mal sehen, was im Schulausschuss dazu gesagt wird (am Donnerstag, 10. Juni, ab 17 Uhr im Eurogress).

Vorlage der Verwaltung, hier: https://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=23441

***

Im Schulausschuss geht es auch wieder um die seit 4 Jahren dringend erforderliche Erweiterung der Montessori Grundschule Mataréstraße. Wieder ist davon die Rede, dass es in dem Neubau (auf dem Schulhof) auch Wohnungen* geben soll. Wie sonderbar. Wem will die Verwaltung das zumuten, eine oder zwei Etagen über der Mensa einer Grundschule zu wohnen, noch dazu unmittelbar neben dem Schulhof? Hallo? Gehts noch? 

Die Mensa in der Grundschule Mataréstraße (Foto: unten). Die Kinder essen im Keller, vor den Fenstern sind Gitter. Es fehlen in der Schule 5 Gruppenräume und eine Mensa. Was auch immer dort gebaut wird – das ganze Flächenpotential sollte den Kindern zur Verfügung gestellt werden.

*Wörtlich steht in der Vorlage: „Bei einer mehrgeschossigen Bauweise des Neubaus (der Schule Mataréstraße, d. Red.) können darüber hinausgehende Flächenpotentiale, wie ursprünglich vorgesehen, für Wohnungsbau genutzt werden.“

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